Dienstag, 6. Mai 2014

Wer ist Mike Tyson? Eine Spurensuche


Wer ist Mike Tyson ?

Die Antwort auf diese eigentlich triviale Frage hängt überraschend stark von der befragten Person ab.

Für Einige ist Mike Tyson der personifizierte Alptraum eines armen Schwarzen, der sich entschloss nicht länger sein Leben an der Straßenecke zu fristen, sondern größere Ambitionen hegte, die ihn bis zum Weltmeistertitel trieben. Solche Menschen empfanden, neben der Faszination, auch immer eine gewisse Portion Furcht vor diesem Boxer, der eigentlich nichts in ihrer Gesellschaft zu suchen hatte, aber sich mithin gewaltsam seinen Platz in ihr erobert hatte. Trotzdem konnten sie am Ende, nach seinem spektakulären Downfall, erleichtert aufatmen und in die Hände klatschen:

„Er mag ein unglaubliches Talent gewesen sein, aber so EINER wie er mit so EINEM Verhalten, mit SOLCHEN Freunden, mit so EINER Herkunft, so jemand MUSS am Ende scheitern.“

Seien wir ehrlich, das Scheitern eines Ausnahmetalents gibt uns allen doch ein wohlig-warmes Gefühl in der Magengegend.
Unser Leben ist im Vergleich zu dem extremen Auf & Ab der Karriere eines Weltsportlers dann doch ganz geil in seiner langweiligen Monotonie.

Andere, und dazu zähle ich auch mich, lieben gerade Boxer und das Boxen aufgrund dieser Eigenschaften: Boxen ist immer der härteste Weg um sich aus den Fängen des Schicksals zu befreien und Mike Tyson hat in diesem Kampf mehr als nur Alles gegeben.

Selbst heute noch, 9 Jahre nach Karriere-Ende, sieht man bei echten Box-Fans immer dieses etwas irre Aufblitzen in den Augen beim Erwähnen seines Namens:
Vollkommen irrationale Vergleiche werden gezogen („Mike würde Witali in den ersten 5 Runden auffressen.“  „Härter als Tyson hat noch nie jemand gepuncht.“), alte Anekdoten ausgegraben (Mike Tyson besaß 3 bengalische Tiger, Kostenpunkt: 1.500 $ pro Tag) und allgemein verbreitet sich großflächig die Nostalgie über die guten alten Tage des (Schwergewichts-) Boxen als noch die zwei ukrainischen Brüder fernab von ihrer alles - beherrschenden Monopol-Stellung auf Titel waren.

Mike Tyson war für viele von uns der Einstieg in diesen brutalen, doch gleichzeitig so faszinierenden Sport.

Wie die erste Liebe so vergisst der Box-Fan auch nie seine ersten Helden.

Es wurde daher längste Zeit, dass man sich ernsthaft mit der Person Mike Tyson & ihren Facetten filmisch befasst.




Noch mal zurück zur ersten Frage am Anfang des Artikels :

Wer ist nun Mike Tyson ?
Ist Mike Tyson nur der Asoziale, der Leuten manchmal ein Ohr abkaut (haha, Wortwitz) ?
Ist Iron Mike nur das unglaubliche Boxtalent, das Scharen von Menschen begeistern konnte ?

Die Dokumentation "Tyson" stellt ausnahmsweise nicht uns diese Frage, den Freunden & Feinden von Iron Mike, den Menschen, die Box-Sport verabscheuen oder lieben, sie stellt Mike Tyson selbst diese Frage.

Und Iron Mike antwortet.

Er gibt Auskunft über sein Leben, seine größten Erfolge, seine größten Niederlagen, das was ihn in seiner 20-jährigen Laufbahn in der breiten Öffentlichkeit zum Exempel eines Hate-it-or-love-it-Charakters gemacht hat. Auch unangenehmen Fragen, wie z.B. sein spannungsgeladenes Privat-Leben werden nicht ausgespart, sondern angemessen beleuchtet. Wir erfahren das hinter der Fassade des Bad Boys Iron Mike bzw. Kid Dynamite mehr steckt als nur das, was wir gerne sehen möchten, ob nun positiv oder negativ:

Scheinbar Unvereinbares, wie seine Liebe zur Taubenzucht und die Motivation hinter dem Boxen, werden in dieser nahegehenden Dokumentation doch noch vereint und man erhält einen etwas besseren Eindruck über die Persönlichkeit (weit weg aber von allumfassend, das sollte auch kein Anspruch an eine 1,5-stündige Dokumentation sein) eines der besten Puncher aller Zeiten.
Vielleicht gibt diese Dokumentation auch den bisher eher dem Boxen negativ eingestellten Menschen eine Antwort auf die Frage, warum die Faszination für die Helden des Faustkampfs nahezu ungebrochen in unserer Zeit vorherrscht, selbst dann, wenn der allgemeine Konsens über Boxer derjenige ist, dass es sich um gescheiterte Prügler handelt:

„Ein Held wird man durch heroische Taten, nicht durch Siege oder Niederlagen.“

Von daher sei Mike Tyson der größtmöglichste Respekt gezollt, dass er sich aus seiner misslichen Lage als Kind im Ghetto hinaus kämpfte bis (klischeehaft, ich weiß) ganz nach oben und dass er es sogar verkraftet hat, dass dieser Höhenflüg auch wieder ein Ende gefunden hat.

Aber es gab bereits jemanden, der das viel besser als ich ausgedrückt hat :

„Es zählt bloß, wieviele Schläge man einstecken kann und ob man trotzdem weitermacht.
Wieviel man einstecken kann und trotzdem weitermacht.... Nur so gewinnt man !“
- Rocky Balboa.

In diesem Sinne kann ich die Dokumentation nur wärmstens weiterempfehlen.

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